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Die Brise die ihr entgegenkam machte sie nur noch müder. Der Drache quetschte sich sofort durch ihre Türe in das kleine Häuschen und schlief direkt vor dem Karmin ein. Wie süß! Er schnarchte. Sie belächelte ihn und ging zu ihrem Bett. Sie legte alles an Rüstung und Waffen ab, was etwas länger dauerte, denn sie war bis auf die Zähne bewaffnet. Die ermüdete Dame schlüpfte für die verbliebenen Stunden der Nacht noch in ein gemütlicheres Gewand und warf sich auf ihr Bett. Ihr Körper sank im Bett ein und der weiche Stoff umschmeichelte ihre Figur. Ihre Decke bis zum Kinn hochgezogen, glitt sie in das Reich der Träume.
Glücklicherweise träumte sie nichts beunruhigendes, da der Volksmund ja sagt, dass Träume das am Tag geschehene verarbeiten. Diese Ruhe tat ihr sehr gut. Sie schlief einfach nur. Und atmete. Die Decke hob und sank mit ihrer Atmung. Es schien alles so freidlich zu sein, so wie früher.

"Hm? Ach ja... okay, jaa...", murmelte Keira müde und ließ sich dann schlaftrunken vom Magier auf das Pferd helfen. Dort schlief sie vielleicht kurz ein, sie wusste es nicht, jedenfalls waren sie auf einmal da. Keira rutschte ungelenk vom Pferd und landete auf dem Boden, leider nicht nur mit den Füßen, sondern auch mit Knien, Händen und Ellbogen. Na toll, noch mehr kleine Wunden. Zum Glück war das Kleid nicht kaputtgegangen, aber ihre Knie schmerzten trotzdem, wahrscheinlich waren sie unter dem Stoff aufgeschürft. Fluchend lehnte sie die Hilfe des Magiers ab, der ihr aufhelfen wollte und stützte sich auf. Teilweise zog sie sich auch am Pferd hoch. Oh Mann, sie war wirklich müde. Taumelnd stolperte sie zu ihrer Tür und öffnete sie. "Sie können im Garten schlafen...", rutschte ihr noch etwas genuschelt heraus.
Nachdem sie den schwierigsten Teil auf dem Weg ins Paradies des Schlafes, die Treppe, überwunden hatte, ließ sie sich einfach auf ihr Bett fallen. Sie hatte wirklich nicht mehr die Kraft dazu, sich zu waschen oder auch nur ihre kaputte Rüstung vom Bett wegzuräumen. Innerhalb weniger Augenblicke war sie in der Lage, in der sie gefallen war, eingeschlafen und träumte verwirrende, verbogene und verknotete Szenen. Ab und zu wachte sie ein bisschen auf und schubste ihre Rüstung im Halbschlaf vom Bett, streifte das Kleid ab und zog sich die Decke über den Körper. Besonders gemütlich war es in Tageswäsche immer noch nicht, aber das war ihr jetzt egal. Sie würde morgen so oder so verkatert sein.

"Nanu? Willst du denn nicht mit aufs Pferd?", fragte der Magier, da er schon merkte, dass Keira müde war.
Die beiden verschwanden langsam aus der Sichtweite der im Schlosshof verbleibenden Krieger.
"Ihr solltet auch gehen...", sagte Lala, bei der ebenfalls die Müdigkeit durchkam.
Nachtschatten schüttelte den Kopf und machte ein komisches gröhnendes Geräusch, was wohl ein Gähnen darstellen sollte. Sie stieg auf seinen Rücken und flog in die Richtung ihres Hauses.

Bei dem Satz mit dem Fenster wurden Keiras Wangen rot und sie senkte den Blick. Sie erinnerte sich daran, wer durch ihr Fenster gesehen hatte. Sie versuchte schnell, an etwas anderes zu denken, damit ihr Gesicht wieder kühler wurde und sagte nichts zum Magier. Dann, als Fai den Plan aufstellte, seufzte sie erneut. Sie hatte keine Lust auf derartiges Durchgeplantsein. Sie wollte jetzt mehr denn je Zeit für sich und ihre eigenen Wege verfolgen, auch wenn diese etwas seltsam waren und möglicherweise gefährlich... Aber sie wollte immerhin die Freiheit dazu haben.
Im Moment konnte sie aber verstehen, warum die Krieger sie bewachen wollten. Sie fragte sich nur, wann sie Gelegenheit bekommen würde, mit Lala ganz alleine zu reden, um ihr möglicherweise mehr zu erzählen. Doch sie wollte wirklich, dass es niemand außer Lala hörte. Keira sah nicht zu Fai auf und lief müde nickend an ihm vorbei. Sie machte sich, den Blick auf den Boden gerichtet, in einer etwas trotzigen Haltung (hätte sie Taschen in dem Kleid gehabt, hätte sie ihre Hände darin versenkt) voraus in Richtung ihres Haus. Ihr Körper war so entkräftet, obwohl sie geheilt worden war. Trotzdem waren da noch unzählige Schnittwunden an ihren Armen, die sie wohl erst morgen früh verarzten würde, und sie psychisch ausgezehrt. Ihre Nerven lagen blank und wenn sie nun jemand vom Schlafen abhalten würde, würde sie einen hysterischen Anfall bekommen und reif sein für das Tollhaus.

Die Gruppe kam nach draußen.
"Es ist Teil meiner Mission wach genug dafür zu sein", stellte der Magier laut fest und grinste Keira dabei an. "Ganz ruhig, ich werde nicht durch deine Fenster schauen und du wirst kaum etwas von meiner Anwesenheit spüren."
Alle stiegen auf ihre Pferde und Lala weckte den in einer Ecke kauernden Nachtschatten auf.
"Dann trennen sich unsere Wege vorerst. Ich werde in dich in drei Stunden ablösen", sagte der Scharfschütze.
- "Wunderbar, dann machen wir das doch so, erst der Magier, dann der Scharfschütze, gefolgt von Daisuke, dann ich, dann Lala und zu guter letzt bevor sich der Kreis wiederholt, der Bogenschütze. Möglicherweise bist du dann wach genug für ein bisschen Bogenschützen-Unterricht, nicht wahr, Keira?", schlug Fai vor.

Keiras Laune hellte sich deutlich auf, als sie erfuhr, dass sie ihn nicht gefunden hatten. Gut. Jetzt konnte sie wenigstens entspannt schlafen. Sie hob den Kopf vom Tisch und nahm ihre Hände wieder zu sich. Lalas Ansage, dass der Magier sie überwachen würde, vermieste ihr die Stimmung aber dann doch wieder. Sie seufzte und stand auf. Kurz überlegte sie, ob sie ihren Bewacher in ihr Haus einladen sollte, damit er den Rest der Nacht nicht draußen verbringen musste. Aber dann beschloss sie, dass sie die Krieger nicht noch darin unterstützen würde, sie auf Schritt und Tritt zu überwachen.
"Geht es ihm denn gut genug dazu? Ich hab keine Angst alleine zu hause...", erwähnte sie hoffnungsvoll, während sie an Lala vorbei ging zur Tür hinaus.

Die junge Kriegerin seufzte. Es war wohl zwecklos, noch auf die anderen warten zu wollen. Wahrschienlich waren sie sowieso wieder auf dem Weg hierher.
"Hmm...ja, du hast recht, wir sollten gehen... ich frage mich wann die..."
Mitten in ihrem Satz kamen wieder die anderen Krieger ins Zimmer und sahen enttäuscht, aber noch äußerst gesund aus.
"Wir haben ihn nicht gefunden", jammerte Daisuke und sank auf einen Stuhl, wo er die Ellebogen auf den Knien abstützte und sein Gesicht in den Handflächen verbarg. Fai sah ihn einen Moment lang an wie ein kleines Kind, das sein Spielzeug nicht bekommt, wandte sich dann aber ab und sagte sanft:
- "Ihr seht müde aus. Wahrscheinlich wäre es besser, wenn ihr jetzt schlafen geht. Unser Magier wird die erste Wache übernehmen, er fühlt sich noch am fittesten."
"Ngghh...", stöhnte dieser. Naja, am fittesten von allen Anwesenden des Raumes.
"Gut, dann lasst uns gehen... wo kommt ihr denn unter?", fragte sie die Krieger.
- "Ach, wir haben ein kleines Häuschen am Stadtrand bekommen, aber wenn du willst, bleibe ich bei dir", schlug er seiner Verlobten neckisch vor, umarmte sie von hinten und knabberte an ihrem Ohr. Ihr lief ein Schauer über den Rücken und sie stand auf, griff nach ihrer Pistole und verneinte mit einem Lächeln.
"Keira, der Magier wird dich nach Hause bringen okay? Keine Sorge, er wird nicht unbedingt mit in dein Haus kommen, aber er wird auf jeden Fall in der Nähe bleiben", teilte sie ihrer Freundin mit und hielt schon die Tür mit einer alle-Personen-rausschmeißenden Geste auf.

Keira ließ sich erschöpft auf einen Stuhl fallen. Obwohl sie dankbar war, ein bisschen sitzen zu können, war es nicht gerade bequem und bereitete ihr schon nach einigen Momenten Rückenschmerzen. Sie ächzte leise und ließ ihren Kopf auf die Hände auf dem Tisch fallen. Diese Nacht war eindeutig zu lang. Sie wollte ins Bett. Sie wollte schlafen. Sie wollte allein sein. Und wenn sie ausgeschlafen war, wollte sie sich in Ruhe Zeit nehmen, über alles nachzudenken. Wenn sie weiter von diesen Vorhaben abgehalten würde, würde sie wohl ausrasten. Sie überlegte, ob es sich lohnte, einen Kaffee zu holen. Aber dann würde sie wahrscheinlich vollends am Rad drehen. Ihr fielen die Augen zu, doch sie zwang sich, wach zu bleiben, indem sie etwas murmelte: "Bist du sicher, dass Daniel und Sianna schon nach hause sind? Weil dann könnten wir doch eigentlich auch gehen, oder...?" Sie gähnte ausgiebig.

Sianna und Daniel standen immer noch voreinander. Sie sahen sich in die Augen und es schienen Stunden vergangen zu sein bis Sie es schließlich schaffte sich aus ihrer Trance zu befreien. Wo wohl die anderen waren? Sie sollten sie mal suchen! Sie nahm Daniel an der Hand und suchte mit ihm die anderen.

"Na dann, wieder auf und davon!", versuchte sie enthusiastisch zu sagen. Allerdings klang es wirklich sher gezwungen und übermüdet.
Wahrscheinlich war es für die beiden eine unangenehme Sitaution und sie mussten den Schreck der vergangenen Ereignisse verkraften. Sie hobe wieder in die Lüfte ab und flogen Richtung Schloss.
Dort angekommen belohnte Lala den Drachen für seine Dienste, indem sie ihm aus einem Wagen ein großes Stück Fleisch zum Fressen gab, mit welchem er sich wieder in die Dunkelheit zurückzog und auf den nächsten Einsatz wartete. Lala zog Keira mit sich ins Schloss und ging mit ihr ins Zimmer wo sie eigentlich Sianna und Daniel zurückgelassen hatte.
Nur leider waren sie nicht mehr da. In diesem Moment fiel ihr auf, dass bereits viele Menschen gegangen waren und nur noch wenige sich am Ball aufhielten. Es würde bestimmt bald dämmern, von daher war es verständlich, dass sie schon weg waren.
"Naja, anscheinend sind sie schon gegangen...", stellte sie nochmal laut fest.
Sie setzte sich in das Kriegerkämmerchen und goss sich und Keira einen heißen Tee ein. Ihr war egal, ob Keira Tee trinken wollte, aber irgendwas musste sie tun, während sie sehnsüchtig auf die Rückkehr der anderen Krieger wartete. Um es sich wenigstens ein bisschen gemütlicher zu machen, zog sie den Umhang aus und legte die Waffenhalterung ihrer Clockwork Peregrine ab, welche klirrend auf der Tischplatte aufschlug.

Keira schluckte einen Schrei herunter, als sie plötzlich starteten. Ihr blieb die Luft weg, bis sie hoch oben in den Wolken flogen. Doch nun war alles, was sie zum Atmen hatte, sehr dünn. Zudem sah sie aus Versehen nach unten zum Boden, und der war seeeeeehr weit weg. Sie krallte sich in Lalas Umhang und schickte mehrere Stoßgebete zu verschiedensten Göttern aus. Trotz allem war der Ausblick allerdings gigantisch. Schade, dass sie ihn nicht so ganz genießen konnte...
Als sie endlich da waren, blieb sie noch einige Momente steif und verkrampft und verarbeitete den Schock, bis sie sich traute, zittrig vom Drachen herunter zu klettern. Sie nickte nur benommen und machte sich taumelnd auf den Weg in ihr Haus. Sie fiel beinahe gegen die Tür, als sie diese öffnen wollte. Die Stufen zu ihrem Schlafzimmer waren eine echte Herausforderung. Erschöpft ließ sie sich schließlich auf ihr Bett fallen, um durchzuatmen. Wie sehr sie sich wünschte, jetzt einfach hier zu bleiben, alleine, zu schlafen und alles Erlebte zu verdauen...
Doch nach einem Moment musste sie wieder aufstehen. Wenigstens stand sie langsam wieder etwas stabiler auf dem Boden. Dennoch leicht wankend lief sie zu ihrer Kleidertruhe und holte ein eleganteres Kleid heraus, das im Vergleich zu ihrem Abendkleid allerdings recht einfach war. Sie wollte den Rest der Nacht, von der nicht mehr viel übrig blieb, wenigstens in bequemen Klamotten verbringen, in denen sie sich bewegen konnte.
Umgezogen kam sie wieder nach draußen, ihre kaputte Lederrüstung hatte sie auf dem Bett liegen lassen. "Okay, wir können los.", murmelte sie müde und lehnte sich halb gegen Nachtschatten.

"Fertig?", fragte, Lala höflicherweise, obwohl diese Frage irrelevant war, denn noch bevor Keira antworten konnte, stürzten sie aus dem Fenster. Der Drache breitete seine Flügel aus und gleitete auf der Luft in die noch ruhige Nacht hinein. Der Flugwind schlug ihr ins Gesicht und ihre Haare peitschten um sie herum. Damit sie nicht Keira ins Gesicht schlugen, setzte sie noch die Kapuze ihres Mantels auf. Immer mehr ABstand nahmen die Gestalten zum Boden, bis sie irgendwann in die Wolken greifen konnten. Es hatte auf Lala eine unglaublich beruhigende Wirkung, jedoch bevor sie sich entgültig in der Ruhe und somit in ihren Gedanken verlor, erreichten sie schon bei Keiras Haus und Nachtschatten landete sanft auf der Erde.
"So, wir sind da. Ich bin mir nicht sicher, ob das eine gute Idee ist, aber ich vertraue dir noch genug, dass ich dich alleine in dein eigenes Haus gehen lasse. Wir warten hier draußen, denk daran, ich kann auch den Kôpa thirad aktivieren, Flucht ist zwecklos."
Sie wollte ihr eigentlich nicht drohen, aber zur Sicherheit versuchte sie es mal auf diese Tour. Nicht dass die junge Elfe noch auf dumme Gedanken kam.

Keira brachte ein schiefes Lächeln zustande und kletterte auf Nachtschattens Rücken. Bei einem Blick zurück dachte sie kurz daran, wie erschrocken die Bewohner des Hauses sein würden, wenn sie ihren zertrümmerten Tisch und das zerwühlte Bett vorfanden. Vermutlich würde sich die Neuigkeit, dass ein Vampir in der Stadt war, sehr bald herumsprechen. Das friedliche Städtchen Gennéa würde wohl in der nächsten Zeit nicht mehr so harmonisch sein...
Seufzend richtete sie ihren Blick nach vorn, suchte Halt an Lala und machte sich innerlich auf einen Flug bereit. Auf einem Drachen fliegen, ha. Dieser Abend war vielleicht verrückt.

"Hmmm? Ähmm, ja klar."
Lala war mit den Gedanken bei ihren Kamerade. Insgeheim hoffte sie, dass sie den Vampir nicht ohne sie finden würden, sonst könnte sie nicht mit ihnen kämpfen. Wie auch immer, sie musste sich erst um Keira kümmern.
Nachtschatten sprang ans Fenster und Lala setzte sich auf seinen Rücken.
"Komm, wir fliegen dich nach Hause, da kannst du dich dann umziehen und danach können wir ja nach Daniel und Sianna suchen...falls sie denn von uns gefunden werden wollen."
Einen schlechteren Themenwechsel konnte man sich in dieser Situation ja gar nicht mehr vorstellen, aber immerhin etwas, was kaum mit dieser bedrückenden Situation zu tun hatte.

Keira sackte das Herz ab, als Fai sagte, sie würden ihn suchen. Er sollte nicht sterben. Er hatte nichts getan. Fast nichts. Er war ein faszinierendes Wesen und eine noch faszinierendere Person, wieso wollten sie ihn töten? Langsam fiel es ihr schwer zu glauben, dass Vampire so gefährlich sein sollten. Obwohl... hatte sie im Schloss in ihrer Halb-Trance nicht gesehen, dass er einen von ihnen angegriffen hatte? Aber sie würde für den Anfang nichts sagen. Sie hoffte nur, dass sie ihn nicht fanden und niemandem etwas geschehen würde.
Seufzend stand sie auf und tauschte das Bettlaken gegen Fais Umhang ein. Sie hielt ihn vorne zu und setzte sich die Kapuze(?) auf den Kopf, hauptsächlich, weil sie Umhänge mit Kapuzen mochte und sich mit etwas mehr Bedeckung sicherer fühlte. Es war dumm, denn es würde sie trotzdem noch jeder erkennen, und sie würde nicht auf einmal die Fähigkeit besitzen, in den Schatten der Nacht unsichtbar zu werden. Aber dennoch gab es ihr ein besseres Gefühl.
"Wie du meinst...", murmelte sie. Ihr war nicht mehr besonders nach Trubel zumute, am liebsten würde sie jetzt allein sein, aber das ging wohl nicht mehr, jetzt, da sie unter Dauerbewachung stehen würde. "Aber kann ich mich nicht umziehen? Etwas von mir zuhause oder mein Ballkleid?", fragte sie.

"Also, ich werde jetzt den anderen folgen, vielleicht finden wir ihn ja noch, dann können sie jede Unterstützung gebrauchen. Du musst bei Keira bleiben und auf sie aufpassen", befahl Fai und legte Keira seinen Umhang hin, damit sie sich mit etwas mehr bedecken konnte.
Als er weg war, herrschte wieder Stille im Raum und nur noch das Galoppieren eines Pferdes verhallte in den Straßen.
"Soooooo, was machen wir jetzt? Ich würde vorschlagen, dass wir dir erst einmal wieder vernünftige Kleidung besorgen, oder?"
Sie wusste wirklich nicht, was sie sagen sollte, also fing sie einfach mit etwas nebensächlicherem an.
Sie könnten wieder zum Ball zurückgehen. Immerhin warteten da noch Sianna und Daniel, die sich vermutlich die größten Sorgen der Welt machten.

Geknickt ließ Keira den Kopf hängen. "Okay...", murmelte sie schuldbewusst seufzte leise. Allerdings war da noch ein anderer Gedanke in ihrem Hinterkopf, der sie etwas motivierte: Wussten sie nicht, dass man Kinder nicht einsperren konnte? Sie würden dann noch mehr aufbegehren und am Ende bekommen, was sie wollten. Keira fühlte sich wie ein Kind. Ein bisschen trotzig. Und außerdem wurde sie von den Kriegern auch wie ein unachtsames Kind behandelt. Es war ein Teufelskreis, und am Ende würde bestimmt nichts vernünftiges dabei herauskommen. Aber von Vernünftigem hatte Keira sowieso langsam genug. Ihr ganzes Leben war vernünftig gewesen. Sie wusste noch nicht genau, was sie vorhatte, aber sie würde sich sicher nicht von den anderen anketten lassen wie ein ungezogener Hund.
Sie versuchte, sich diese Überlegungen nicht anmerken zu lassen und sah zu Lala auf. Der Drache, er war also nicht gefährlich? Misstrauisch beäugte sie ihn, allerdings schwand ihre Angst schnell. Heute Nacht gab es sowieso keinen Grund mehr zur Angst. Vorsichtig streckte sie ihre Hand aus und reichte sie Nachtschatten zum daran schnüffeln hin, wie sie es von anderen Tieren gewohnt war. Drachen waren aber wohl anders. Nach kurzem Zögern legte sie ihm die Hand sanft auf die Schnauze. Ihre Augen wurden größer und sie lächelte. Es passierte nichts, er schnappte nicht nach ihr, spie auch kein Feuer oder sonstiges, das man von einem derartigen Geschöpf erwarten sollte. Er ließ sich wirklich von ihr streicheln. Seine Haut fühlte sich fest an, so wie sehr dickes Leder, und hatte eine raue Oberfläche. Keira fuhr mit den Fingern über das Profil der Oberfläche und lächelte immer mehr. Elrendar war eine Welt voller Wunder.
Während sie ihn streichelte, dachte sie darüber nach, ob sie Lala auch noch diesen bestimmten Teil der Geschichte erzählen sollte, den sie bis jetzt für sich behalten hatte... Sie war sich nicht sicher. Anscheinend lauschten ihnen die Krieger, so wie sie vorhin hineingestürzt waren, als Keira das mit dem Stein erzählt hatte... Und sie wollte auf keinen Fall, dass sie es wussten. Vielleicht sollte sie sich außerdem erst einmal selbst darüber klar werden, was sie mit diesen Geschehnissen anfangen sollte und was sie bedeuteten.

Lala setzte sich zu ihrem Drachen aufs Bett und musterte Keira noch einmal von oben bis unten.
Sie wandte den Blick ab und setzte ein verständnisvolles Lächeln auf, mit dem sie sagte: "Danke, dass du mir die Wahrheit gesagt hast. Im Moment können wir wirklich nicht viel tun. Und ich hoffe du verstehst, dass wir dich jetzt leider rund um die Uhr bewachen müssen. Damit meine ich wirklich, dass immer zu jeder Zeit des Tages mindestens einer von uns Kriegern bei dir sein muss. Nicht nur um zu verhindern, dass du uns noch einmal wegläufst, sondern auch, damit der Vampir dir nicht mehr zu nahe kommt."
"Ghhrrrrrr..."
"Achja und er wird dich nich fressen, er ist ein ganz ein lieber zahmer Drache. Er heißt übrigens Nachtschatten", stellte sie ihn der verängstigten Elfe vor. "Du kannst ihn auch anfassen, wenn du willst", schlug sie vor und demonstrierte es ihr, indem sie ihre Hand auf die Fläche zwischen seinen Augen legte und ein bisschen kraulte.

Als die Krieger hereinstürmten, zuckte Keira zusammen und sprang zurück an die Wand, so dass sie mit angezogenen Beinen in der hinteren Mitte des Bettes kauerte. "Es tut mir leid!", rief sie verzweifelt und verteidigend. Zum Glück waren sie schnell wieder gegangen, aber jetzt musterte sie der Drache auf eine sehr seltsame Art und Weise. Sie starrte ihn misstrauisch und ängstlich an und wich etwas zurück.
"Was ist? Bist du auch sauer auf mich? Bitte friss mich nicht...", flehte sie leise. Sie erwartete wirklich, dass sie von irgendjemandem demnächst angegriffen werden würde. Sie hatte immerhin die Entführung durch einen Vampir überlebt, jetzt schuldete sie ihr Leben dem Schicksal, oder?
Sie fühlte sich hilf- und wertlos. Sie kam sich so dumm vor. Ihre ganze Existenz schien auf einmal eine riesige Peinlichkeit zu sein, die einem Gott bei der Planung ihres Lebens unterlaufen war.

Ihr fielen fast die Augäpfel aus dem Kopf.
"WAS?!"
Ups... der war so rausgerutscht. Die anderen Krieger kamen wieder dazu und auch der Drache quetschte sich ins Zimmer mitrein. Wow, plötzlich erschien es ganz schön eng da drin. Letzteres schnaufte und stützte sich mit den vorderen Pfoten/Tatzen (wie nennt man das bei Drachen?) auf dem Bett ab, welches natürlich sofort an diesen Stellen einsank.
"Du hast den STEIN nicht mehr?!", schrie Daisuke und lief bedrohlich auf Keira zu, wurde aber von Fai am Arm gepackt und zurückgehalten.
- "Was geschehen ist, ist geschehen. Das einzige, was wir jetzt tun können, ist nach ihm zu suchen", verteidigte er sie.
Der cholerische Krieger riss sich los und zog seiner Männer ab um noch wenigstens einen Dufthauch oder eine andere Spur zu finden, die sie weiterbringen könnte.
Lala hatte die ganze Szenerie zwar beobachtet, aber trotzdem musste sie immerwieder daran denken, dass das mächtigste Mittel im Kampf gegen den Vampir in dessen Händen ist. Als sie sich wieder aus ihren Gedanken losreißen konnte, bemerkte sie, dass der Drache anscheinend fasziniert von Keira war. Er war ihr immer näher gerückt und schnüffelte etwas an ihr. Ob es wohl einen bestimmten Grund hatte...hmmm.

"Äh... Hehe..."
Keira lächelte nervös und strich sich die Haare aus dem Gesicht, während ihr Blick auf einmal völlig fasziniert die Zimmerdecke betrachtete.
"Hey, schau mal, tolle Decke...", versuchte sie es mit zitternder, leicht hysterischer Stimme. Als sie bemerkte, dass Lala sich davon (natürlich) nicht ablenken ließ, fing sie an, herum zu drucksen. Ihr Blick senkte sich zum Boden, sie scharrte mit dem Fuß auf den Holzdielen. "Also äh... najaaaa... das ist alles eine Frage der Perspektive... also... nein."
Sie zuckte zusammen und duckte sich instinktiv, für alle Fälle. Dann linste sie zwischen ihren zur Abwehr vorgehaltenen Hände hindurch, biss sich auf die Lippe und wartete ab.

Die junge Frau zwang sich dazu, jedes Wort ruhig zu verdauen, in sich aufzunehmen und im Gehirn weiterzuverarbeiten und den Sinn daraus zu lesen. Als Keira ihr erzählte, dass sie ihn freiwillig aufgesucht hatte, rang sie schon mit dem übermächtigen Gefühl, sie für geisteskrank zu erklären, aber sie unterdrückte es weniger souverän. Und als sie sagte, sie hätte ihn verartztet... In ihrem Kopf spielten sich drei Milliarden Situationen ab.
Bist du verrückt? Er hätte dich umbringen können! Du bist im Moment nahezu die einzige ernstzunehmende Gefahr für seine Existenz! Er ist doch eigentlich der Feind, oder?
Innerlich schrie sie auf, doch nach außen hin hielt sie ihr Pokerface, was ihr aber immer schwerer fiel. Jedoch hatte sie ja entschlossen, objektiv zu bleiben, von daher rang sie nur ein paar Worte heraus: "Das war ja knapp. Zum Glück ist dir nichts geschehen", gefolgt von einem gezwungenen Lächeln.
"Gibt es sonst noch etwas, was für den Bericht von Relevanz ist?"
Es übermannte sie die Stille und Lala sah auf den eben noch verletzten und blutenden Arm ihres Gegenübers. Ob ihr Bl*t ihm wohl besondere Macht gab? Immerhin ist sie ja die Auserwählte.
"Oh nein..."
Ihre Augen weiteten sich.
"Keira, du hast doch noch den Stein, oder?"

Keira lächelte, als Lala kam. Es war kein sehr überschwängliches Lächeln, sie fühlte sich immer noch schrecklich erschöpft, wahrscheinlich vor allem wegen der Verwirrung in ihrem Kopf. Sie zögerte noch einen Moment lang und überlegte, ob sie Lala nicht doch lieber eine Lüge auftischen wollte, doch dann fiel ihr Blick aus dem Fenster, von wo aus sie zwei riesige grüne Augen anstarrten. Erschrocken zuckte sie auf, doch dann fiel ihr ein, dass es 'nur' ein Drache war, der mutmaßlich zu den Kriegern gehörte. Faszinierend. Sie hatte, soweit sie sich erinnerte, noch nie einen so nahe gesehen... Sie musste sich ihn nachher näher ansehen, aber jetzt sagte sein Blick, dass es wohl wichtigeres zu tun gab. Sie fragte sich, ob er wohl mit den Elfen kommunizieren konnte und so ihre Geheimnisse ausplaudern würde können... Wohl nicht.
Sie holte tief Luft, setzte sich auf die Bettkante, das Laken immer noch um sich gewickelt, und sah Lala ernst an.
"Ich ähm... ich glaube ich muss dir ein paar Sachen erzählen. Ich glaube sie werden dir nicht gefallen, und vielleicht bist du auch sauer auf mich... aber... ach! das ist alles so schwer zu erklären..." Keira seufzte und suchte kurz nach Worten.
"Also ähm... Als... ich mich umziehen sollte... da hab ich das zwar getan, aber..." Sie biss sich auf die Lippe. "...danach, naja... hab ich angefangen... ihn zu suchen..."
Ihr Blick hatte sich beschämt gesenkt, doch nun linste sie aus dem oberen Augenwinkel zu Lala, um ihre Reaktion zu sehen.
"Ach und als er mich entführt hat da hab ich seine Wunden verarztet...", murmelte sie dann leise und sah wieder weg. Besser, sie gab ihr jetzt ersten groben Informationen auf einmal, mehr konnte sie nachher erklären, wenn sie wusste, wie Lala reagierte. Den heikelsten Teil der Geschichte behielt sie noch für sich. Erst musste sie erreichen, dass Lala sie wenigstens im Ansatz, nun ja 'verstehen' war nicht das richtige Wort, sie verstand sich ja selbst nicht. Aber sie musste dafür sorgen, dass Lala... vorbereitet war. Den Hintergrund kannte. Damit sie ihr nicht gleich den Kopf abhackte. Schließlich hatte eines dieser Wesen ihre Kameraden getötet...

Fai war etwas perplex, denn Keiras Antwort klang weniger sicher, aber vielleicht lag das auch an ihrer Verwirrtheit. Noch bevor Daisuke sie weiter verhören konnte, legte er seine Hand auf dessen Schulter und sagte sanft: "Natürlich."
In diesem Moment betrat wieder Lala den Raum. Sie hatte sich beruhigt und fasste den Entschluss, alles objektiv zu betrachten, wie als ob sie Keira nich kennen würde. Die anderen Krieger zogen sich zurück und die junge Elfe nahm sich einen noch stehenden Stuhl, welchen sie ans Bett zog. Dort ließ die Kriegerin sich nieder und lauschte auf das, was Keira zu sagen hatte.
Nachtschatten schaute kopfüber durchs Fenster hinein und seine grünen Augen bildeten einen gruseligen Kontrast zu der dunklen Nacht. Vielleicht versuchte er damit Keira dazu zu drängen, wirklich alles zu sagen. Alles. Waren Drachen denn so schlau?

Als Lala weg rann, verzerrte Keira das Gesicht. Es war nicht ihre Schuld... Keira hatte sich mehr oder weniger entführen lassen, niemand hätte sie retten können vermutlich... Sie wollte Lala so viel sagen, wollte mit irgendjemandem über all das reden, was geschehen war, und dass ihr ganz schwindelig war von den tausenden sich widersprechenden Gedanken in ihrem Kopf. Aber sie war sich nicht sicher, ob sie das tun sollte oder konnte... So lange kannte sie Lala gar nicht. Sie hatte ihnen nicht einmal erzählt, dass sie verlobt war... Andererseits erinnerte sich Keira auch daran, dass sie das ein bisschen beleidigt hatte, und sie sollte Lala nicht das gleiche antun.
Bevor sie weiter nachdenken konnte, begann auch schon das Kreuzverhör. Sofort fühlte sich Keira angegriffen und wie unter Verdacht und wurde nervös. "Ähm", brachte sie stotternd hervor und räusperte sich. Sie setzte sich auf, wickelte sich das Laken um den Körper und begann erneut: "ähm... ich ähm... kann mich nicht so gut erinnern? Äh es ist... alles etwas verschwommen...", versuchte sie sich herauszureden. "Ich weiß nur äh... dass ich mich ähm, umgezogen hab, so wie - .... wie Lala es mir gesagt hat, genau. Und ähm... dann muss er mich wohl erwischt haben, als ich gerade zurückgehen wollte... Hmja." Sie wollte lächeln, aber leider wurde ein hysterisches Lachen daraus. *Mist!*
"D-darf ich jetzt bitte mit Lala reden?", fragte sie niedergeschlagen.