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Sianna schlug die Augen auf und wurde von grellem Sonnenlicht geblendet.
"Ah! Uh Autsch!", sagte sie als sie für kurze zeit nichts mehr sehen konnte.
Dann tapste sie halb blind durch die Gegend, zog sich an, schnappte sich etwas Geld und machte sich auf den Weg zum vereinbartem Treffpunkt. Als sie Keira erblickte ging sie ein bisschen schneller, lächelte und sagte:"Guten Morgen! Kann's losgehen?"

Keira verabschiedete sich ebenfalls und führte dann ihren Stand weiter.
Nach zwei weiteren Stunden allerdings gab es für sie keine Kundschaft mehr und so packte sie ihre Sachen zusammen und ging nach Hause. Sie versteckte ihr Geld, brachte das übrige Obst in die Speisekammer, hängt die Kräuter wieder auf und kochte sich dann eine Suppe zum Abendessen. Anschließend goß sie noch einmal die Pflanzen im Garten, bevor es dunkel wurde und sie hoch in ihr Zimmer ging, um ihr Nachthemd anzuziehen und zu Bett zu gehen.
Am nächsten Morgen stand sie früh auf, denn sie hatte mit Sianna keine konkrete Zeit ausgemacht. Sie machte sich Frühstück, kümmerte sich um den Garten und ging dann ohne Waren zum Markt, da sie sich heute einen Tag freinehmen würde. Durch den guten Umsatz neulich konnte sie sich das leisten, und heute würde sie die Zeit für das Waffentraining brauchen. Sie hoffte, dass Sianna hier von alleine auftauchte, damit sie zusammen Waffen kaufen gehen konnte - falls sie nicht schon eine hatte.

"Okay, dann sehe ich dich morgen. Ich werde schauen ob ich bis dahin ein halbwegs akzeptables Schwert bekomme."
Völlig mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt, verabschiedete sie sich fröhlich und ging nach Hause.
Morgen würde sie schon sehen wie das mit dem lernen gehen würde...

"Ich kann gerne mal zu dir kommen, du musst mir sowieso noch deine Wohnung zeigen, denn meine durftest du ja schon sehen.", meinte Keira mit einem Grinsen.
"Aber ich hab natüüürlich auuuuch nichts dageeeegen, wenn du mir mal Coco ausleihst." Sie grinste noch breiter.
"Und wegen dem Kämpfen lernen... mich würden noch Stäbe interessieren," *eine Waffe meines Volkes* "ansonsten auch Dolche und die ganzen anderen Klingen. Das ist bestimmt praktisch. Und kann nie schaden. Also sehen wir morgen bei einem Lehrer für Kampfkunst vorbei? Wahrscheinlich sollten wir uns Übungswaffen kaufen oder schnitzen oder so."

"Also erstens habe ich so gut wie immer Zeit.", Sianna wartete ein Lachen von Keira zu hören, doch sie lachte nicht, also tat sie so als sei nichts gewesen und redete weiter, "Und zweitens kannst du dir Coco gerne einmal für eine Weile ausleihen. Oder du kommst mal zu mir..."

Sianna versank ganz in Gedanken an die Möglichkeit in der Keira zu ihr kommen könnte. Sie könnte ihr so viel zeigen...

"Nocheinmal zu der Idee mit dem Kampf. Ich persönlich würde gerne lernen wie man mit Dolchen, Schwertern oder Messern umgeht. Dazu muss man nämlich flink sein. Das fasziniert mich irgendwie.. Und du?"

Keira lachte. "Ooh, das klingt lustig und süß. Ich wünschte ich hätte auch so ein niedliches Haustier."
"Oh und das mit dem Kampflehrer ist eine SUPER Idee. Hatte ich mir auch schon überlegt. Das sollten wir wirklich machen! Wer weiß, vielleicht kommt sowas demnächst ja öfter vor..." Sie hielt einen Moment inne. In ihr kam so etwas wie eine Vorahnung auf, dass sich etwas ändern würde, und zwar nicht zum Guten... Aber sie schob diese irrationalen Gedanken zur Seite.
"Morgen Früh können wir uns gleich einen suchen! Vorausgesetzt, du hast da auch Zeit?"

"Meinem Bein geht es schon sehr viel besser. Danke dir. Und Coco ist total lieb. Es ist lustig, denn sie legt sich immer mitten in ihr Essen hinein, um es zu verteidigen. Wenn ich mit der Hand einen Halm ihrer Heuballen, nehmen will, quiekt sie immer ganz aufgeregt."
Sianna dachte an Coco und freute sich. Sie hatte schon nimmer ein Haustier haben wollen, doch sie hatte sich nie eines geholt. Es wäre zu viel Arbeit gewesen mit den Eltern im Nacken, die ständig maulen sie solle das Tier ruhig stellen lassen.
Außerdem freute sie sich darüber dass Keira sie anscheinend zu mögen schien. Es tat gut zu wissen dass man jemanden an seiner Seite hatte.
"Hast du später, oder morgen oder am Wochenende mal Zeit? Ich dachte mir ich suche lieber schleunigst einen Kampflehrer auf, damit uns so etwas wie im Wald nicht noch einmal passiert. Ich habe mich so wehrlos gefühlt. Und da kam mir gerade eben die Idee, dass wir ja gemeinsam dorthin gehen könnten...?"

Keira hatte sich am Morgen um ihren Garten gekümmert. Eigentlich hätte sie noch in den Wald gehen sollen, aber vorerst... würde sie von diesem Ort fern bleiben. Nach dem Aufstehen hatte sie eine Nachricht an die Königin geschrieben, in dem sie über die merkwürdigen Ereignisse berichtete, die vorgefallen waren. Sie hatte sofort einen Boten losgeschickt und ging dann zu ihrem Stand.
Nach einigen Stunden traf Sianna ein, und Keira begrüßte sie erfreut. Inzwischen konnte sie dieses etwas schräge Mädchen gut leiden. Nach einem Kompliment über deren interessante Klamotten antwortete sie auf ihre Frage. "Mir geht's gut, danke. Und dir?"
Leise und zu Sianna gebeugt, damit sie niemand hören konnte, fügte sie hinzu: "Das von gestern schon verdaut? Und wie geht es inzwischen deinem Bein? Und Coco?" Bei der letzten Frage grinste sie aufgeregt, sie hatte sich in das kleine niedliche Fellbündel verliebt und freute sich darauf, es bald wieder zu sehen.

Zuhause angekommen ließ sich Sianna erschöpft auf ihr Bett fallen und schlief sofort ein. Es war ein langer, anstrengender jedoch sehr aufregender tag gewesen. Sobald sie Zuhause gewesen war, hatte sie eine Holzkiste genommen, sie mit etwas Stroh ausgepolstert und Coco dort hinein gesetzt. Sie hatte auch einen Apfel und etwas zu trinken mit hineingestellt, damit sie nicht ums Leben kam.

Es war Morgen. Die Sonne schien durch Siannas Fenster hinein und weckte sie sanft auf. Sie blinzelte ihr entgegen und lächelte. Ihr Füße berührten ihren Boden, und sie taumelte noch etwas beim aufstehen. Sie ging zu einer Kiste mit Sachen, öffnete sie und holte etwas hinaus. Es war ein kurzes, ärmelloses Oberteil, auf dem verschiedene Sachen angebracht waren. Um den Brustbereich des Oberteils war ein langer, schwarzer Streifen Stoff angenäht. Der Streifen ging beim anziehen über einen Arm hing jedoch hinunter. Das ganze Top war rot. Dazu passend hatte sie eine kurze, enge Hose aus blauem Stoff. Sie zog beides an, und weil es sonst etwas kalt werden könnte noch ein paar lange bunte Strümpfe. Sie war stolz auf ihre Klamotten, denn sie hatte jedes einzelne Teil selbst gemacht. Dann nahm sie noch eine schwarze, dünne Jacke mit und verließ das Haus. So angezogen lief sie durch die Straßen, bis zum Marktplatz auf dem bereits Keiras Stand stand. Sie ging weiter, bis sie den Schneider laden erreichte. Sianna ergriff die Türklinke und trat ein. Im Raum stand ein älterer Mann mit grauen, verwuschelten Harren, und ein junger, schlanker Mann mit braunen, wuscheligen Haaren. Sie ging zu dem ältere Herren hin, und fragte ob er Arbeit für sie hätte.
"Ja, nimm diesen Stoff, und schneidere dem jungen Mann hier einen Anzug!", sagte der Mann.
Sianna verstand und nickte, dann ging sie zu dem Mann hin und sagte dass sie seine Maße brauchte. Sie ging mit dem Mann in ein Nebenzimmer, nahm ein Maßband aus einem der Schränke und fing an zu messen.
"Wie heißen sie?", fragte der Mann freundlich. Seine Stimme klang sehr weich doch eindrucksvoll.
"Sianna, und sie?"
"Nick. Und danke dass sie mir diesen Anzug machen. Ich muss heute Abend auf eine wichtige Veranstaltung. Und dort kann ich ja wohl kaum nackt auftreten."
Sianna lachte und sagte dass dies schließlich ihr Beruf sei. Sie notierte sich alles was sie gemessen hatte, und als sie fertig war ließ sie den Mann den Stoff aussuchen und machte eine grob Zeichnung des Anzugs. Da der Mann keine Änderungen oder Wünsche hatte, legte sie sofort los. Es war nicht einfach einen Anzug zu schneidern. Wenn sie schnell arbeitete, war sie bis heute Abend fertig. Also setzte sie sich an die Maschine und nähte was das Zeug hält.

Es war Nachmittag, und Sianna hatte ihre Arbeit kurz unterbrochen um sich die Beine etwas zu vertreten, und mehr Stoff zu holen. Also huschte sie über den Marktplatz und kam an Keiras Stand vorbei.
"Guten Mittag, Keira. Wie geht's dir?", fragte sie höflich.

"Jaa, wir sollten zurück in die Stadt gehen...", meinte Keira, während sie immer noch nervös die Gegend mit Blicken absuchte. *Da sind wir hoffentlich ganz sicher...*
Sie stand auf, steckte das Messer, dass sie die ganze Zeit in der Hand gehalten hatte, wieder in ihren Gürtel, und beantwortete dann Siannas Frage: "Ich bin beinahe jeden Tag an dem Stand. Es wäre schön, morgens immer ein wenig mit dir zu plaudern, aber es wäre auch schön, wenn du mich einfach besuchen würdest." Sie schenkte Sianna ein Lächeln und kam dadurch innerlich wieder etwas zur Ruhe. Ihre Sinne konzentrierten sich wieder auf die wesentlichen Sachen, sie nahm nicht mehr alles gleichzeitig wahr. Ihre Muskeln entspannten sich und ihr Herzschlag beruhigte sich.
"Lass uns zur Stadt gehen und uns zuhause ausruhen, das war ein viel zu aufregender 'Spaziergang'...", sagte sie und zwinkerte Sianna zu.

Siannas schnaufen und nach Luft schnappen stoppte erst nach mehreren Minuten. Sie nahm Coco auf den Arm und bedankte sich bei ihr.
"ich hoffe wir sind hier in Sicherheit.", sagte sie mit einem unsicherem Blick auf den Wald.
Während sie weiter Pause machten, kam Sianna wieder zur Ruhe. Ihre Panik verflog und das Unbehagen verschwand. Sie entschied sich, sobald sie wieder in der Stadt seien würden, sofort einen Lehrer für Kampfkünste aufzusuchen. Oder vielleicht wollte sie ja auch etwas anderes machen. Sie überlegte sich ob sie einen Lehrer für den Umgang mit Schwertern und anderen Waffen suchen sollte. Denn das reizte sie sehr. Doch der Grund dafür war nicht das Interesse daran, sondern die Angst, noch einmal in so eine Situation zu geraten. Sie war wehrlos gewesen, und dass machte sie verletzbar. Es gefiel ihr nicht so verwundbar zu sein, sie wollte sich wehren können wenn Gefahr drohte.
"Ich würde vorschlagen wir gehen jetzt lieber wieder in die Stadt. Ich hab noch viel zu tun", *Kampftraining...*, "Bist du jeden Tag an dem Stand? Dann komme ich nämlich immer wenn ich zur Arbeit gehe an dir vorbei, und wir können ein bisschen reden!"

Zu gerne wäre Keira noch kurz stehengeblieben und hätte sich umgedreht, um den Mann näher zu betrachten, denn sein Aussehen schien sehr interessant zu sein. Aber sobald sich Sianna in Bewegung gesetzt hatte, rannte Keira los, um Coco einzuholen. Sie überholte Sianna und blieb dann immer ein Stück vor ihr, um Coco zu sehen, jedoch so nah an ihr, dass sie noch hinter sich hören konnte.
Die ganze Zeit pochte ihr Herz wie wild, doch sie kam nicht außer Atem, sie hatte nur Sorge, dass Sianna nicht mehr konnte. Während Keira in ihrem Kopf förmlich eine große Uhr ticken hörte, die die 5 Minuten ablaufen ließ, flitzte Coco zielgerichtet durch den Wald und führte die beiden. So schafften sie es tatsächlich, vor Ablauf der Zeit am Waldrand anzukommen. Doch Keira blieb nicht stehen, und Coco machte auch keine Pause. Die Elfe zog ihre Begleiterin am Arm und rief: "Nur noch ein Stück!" Sie liefen noch etwa 200 Meter weit, dann blieb Keira neben dem Fluss auf der großen Wiesenebene stehen. Von hier aus konnte man weit sehen, und der Wald war genügend weit entfernt. Hoffte sie zumindest. Er würde sie bestimmt nicht bis hierhin verfolgen. Solche unheimlichen Gestalten blieben meist in den Schatten der Wälder.
Keira ließ Sianna los und setzte sich neben Coco ins Gras. Sie musste ein wenig keuchen, doch sie war nicht so außer Atem, wie Sianna es sein würde.

Sianna erschrak, als die Stimme des Mannes so nah an ihrem Ohr war, dch sie hatte andere Sorgen als das. Sie setzte Coco auf den Boden, und sofort flitzte sie los. Für eine Sekunde stand Sianna da, ratlos und traurig weil Coco nun weg war. Doch dann kam ihr eine Idee. Sie stieß Keira in die Seite und bedeutete ihr dass sie dem Kaninchen folgen sollte. Zwischen den Bäumen war nur noch ein weißer Fleck zu sehen. Sianna spannte ihre Muskeln an und spurtete los. Sie waren anscheinend sehr tief im Wald gewesen, denn es war ein langer Weg. Sianna rannte um ihr Leben, und sobald es drohte dass sie aus der Puste zu sein schien, dachte sie an den unheimlichen Mann zurück und ihre Beine rannten noch schneller.

"Hört auf zu spielen!" rief Keira in den Wald hinein.
Sie stellte sich dicht neben Sianna und starrte auf die Bäume. Auf einmal erstarrte der vorbeihuschende Schatten ein paar Meter vor den beiden und für einen kurzen Augenblick, für den Bruchteil einer Sekunde, stand dort ein schlanker Mann in einem langen, schwarzen Mantel. Er hatte mittellange braune Wuschelhaare und schwarze Stiefel. Bis auf sein Haar war eigentlich alles an ihm schwarz, nur seine Haut hatte die Farbe der eines Menschen. An seinem Gesicht war irgendetwas besonders, doch bevor Keira festmachen konnte, was es war, waren die Umrisse des Mannes schon wieder verwischt.
"Nun gut.", ertönte seine Stimme nun wieder scheinbar von allen Seiten her.
"Ich lasse euch in Ruhe und ihr dürft von dannen ziehen. Aber: nur wenn ihr es schafft, in 5 Minuten aus dem Wald heraus zu sein. Diesen Vorsprung gewähre ich euch, danach..." Ein leises Lachen ertönte, "...werde ich euch jagen."
Keira spannte ihre Muskeln an, bereit, loszulaufen. Sie stieß Sianna in die Seite und flüsterte: "Lass Coco selbst laufen."
In diesem Moment wurde ihr jedoch klar, dass sie nicht wusste, was der schnellste Weg aus dem Wald war. Sie verfiel für eine halbe Sekunde in Panik, dann sah sie das weiße Kaninchen bedeutungsvoll an und versuchte ihm mit diesem Blick zu vermitteln, dass es sie schnell aus dem Wald führen musste.
Nachdem der Mann ihnen anscheinend diesen Augenblick gegeben hatte, damit sie sich mental auf ihre Flucht vorbereiten konnten, stand er nun hinter ihnen, beugte sich vor, zwischen ihre Köpfe, und flüsterte: "Los!"

Im Wald, und um Sianna herum, war es totenstill. Sie sah immer wieder Schatten zwischen den Bäumen, und sie drehte sich wieder und wieder um sie genauer zu fixieren. Doch wenn sie sich drehte, war der Schatten wieder woanders. Ihr ihr bahnte sich das Gefühl an hilflos gegen dieses etwas zu sein. Sie waren also auf sich allein gestellt. Keira, Coco und Sianna. Für sie war das eine schier aussichtslose Situation, sie musste sich schnell etwas einfallen lassen, wie sie fliehen könnten, doch ihr fiel nichts ein. Coco vergrub aus Angst ihren kleinen Kopf in eine Tasche von Siannas Oberteil. Sie konnten weder sehen was sie bedrohte, noch anfassen oder riechen. Sianna dachte ihr letztes Stündlein wäre angebrochen, als es hinter ihr raschelte. Sie drehte sich um, und sah gerade noch, wie der Schatten vor ihrem Blick floh. Sie verfolgte den Schatten mit ihrem Blick, doch anscheinend wollte er nicht gesehen werden. Nun aber warum wollte der Schatten nicht gesehen werden? Musste man die Augen schließen um ihm das Handwerk zu legen? Solche und ähnliche Gedanken huschten durch ihren Kopf, und ihre braunen Locken schaukelten leicht hin und her im Wind.

"Wer seid ihr?!" wiederholte Keira ihre Frage, diesmal energischer, wütender.
"Zeigt euch wenigstens!"
Sie hatte die Hoffnung, dass, wenn sie nur so tat als hätte sie keine Angst, die Gestalt sich mit ihnen nicht anlegen wollte.
Auf einmal erklang ein leises Lachen aus dem Wald. Es schien aus keiner bestimmten Richtung zu kommen, sondern von allen Seiten. Keira spannte ihre Muskeln an und duckte sich ein wenig, brachte ihren Körper in Kampfhaltung.
Sie stand jetzt neben Sianna und nicht mehr Rücken an Rücken mit ihr. Neben ihrem Ohr erklang plötzlich ein Flüstern, es klang nach einer männlichen Person: "Wer ich bin? Das ist doch nicht wichtig..."
Keira fuhr herum, doch hinter ihr stand niemand. Ein Kichern ertönte.
Sie zischte verärgert einen elfischen Fluch und drehte sich, auf der Suche nach dem Wesen.
Wieder erklang eine Stimme neben ihrem Ohr: "Es interessiert euch doch viel mehr, was ich bin."
Keira drehte sich um; nichts. *Na toll, da will also jemand Spielchen spielen.*, dachte sie genervt. Neben ihrer Genervtheit entwickelte sich jedoch langsam auch große Angst in ihr. Sie hatte immer mehr das Gefühl, diesem Wesen vollkommen unterlegen zu sein, und das war sehr beunruhigend. Und es machte sie wahnsinnig, dass sie nicht wusste, wie es aussah.

Nun hörte es Sianna auch, anfangs hatte sie nichts gesehen, doch zwischen den Bäumen huschte immer wieder ein schwarzer schatten hin und her. Ihr Herz klopfte so laut, dass sie dachte, wer oder was auch immer dieses etwas war, dass ihnen Angst einjagte, es hören müsste. Sie hielt Coco beschützend in ihren Armen und spürte wie sich eine kleine Brust ganz schnell auf und ab bewegte. Ihr Körper zitterte und sie spürte wie sich etwas auf sie zubewegte. Ganz langsam und vorsichtig kauerte sie sich zusammen und ging in Kampfstellung. Ihre älteren Brüder hatten ihr damals ein bisschen beigebracht zu kämpfen. Doch dann mussten sie weggehen, und sie war mit ihrer Mutter allein geblieben. Also hatte sie immer versucht sich selbst ein bisschen was beizubringen, doch ihre Fähigkeit reichte noch nicht um jemanden geschweige denn sich selbst richtig zu beschützen. Sie konnte nur mit ein paar Griffen jemanden für ein paar Sekunden außer Gefecht setzten. Mehr hatte sie nie lernen können.
Doch das spielte nun keine Rolle mehr. Mit dem Kaninchen auf dem Arm, konnte sie eh nicht Kämpfen, denn dafür brauchte man seine Hände. Sie streckte ihren Arm auf, auf dem anderen das Kaninchen, und streckte nur ihren Mittel- und Zeigefinger aus.
Doch die Kunst des Kampfes die sie etwas beherrschte wirkte nur bei Menschen. Denn Menschen hatten schwache Punkte, und sie kannte ein paar, und wenn man dort drauf drückte setzte man sie kurzzeitig außer Gefecht.
Sianna war verzweifelt und hatte blanke Panik. Was würde sie tun, wenn das Monster sie Angriff?

Das Gefühl der Unruhe wurde nun konkreter. Es war etwas in der Nähe, vor dem man Angst haben sollte. Ovwohl es nicht wirklich dunkler wurde, wirkte es so. Die Tiere verstummten, kein Vogel zwitscherte mehr. Keira konnte die Angst jedes kleinen Lebewesens in der Nähe spüren, zusätzlich zu ihrer eigenen. Sie verfiel wieder in den Zustand des totalen Bewusstseins und erforschte mit ihren Sinnen die Lichtung und ihre Umgebung. Sie konnte nichts ausmachen außer die allgemein unheimliche Aura eines Wesens, die sich auf den Wald gelegt hatte.
Vorsichtig und beinahe lautlos griff ihre Hand nach dem kleinen Messer an ihrem Gürtel und hielt ihn griffbereit. Auch wenn es wahrscheinlich nichts bringen würde; sie war keine gute Kämpferin. Sie hatte es ab und zu geübt, aber noch kaum Fortschritte gemacht. Ihr Vorteil war ihre geschärfte Wahrnehmung und höhere Geschwindigkeit gegenüber Menschen, aber bei dem fremden Wesen handelte es sich wohl kaum um einen Menschen.
Keira ging vorsichtig rückwärts und stellte sich Rücken an Rücken mit Sianna.
Auf einmal knackte es. Ein Zweig brach, als jemand darauf stieg. Keiras Adrenalinpegel explodierte beinahe und sie fuhr herum.
Aus dem Augenwinkel konnte sie einen dunklen Schemen ausmachen, bevor er verschwand. Sie starrte einen Moment lang auf die Stelle, wo eben noch etwas gestanden hatte. Währenddessen verarbeitete ihr Gehirn das, was sie gesehen hatte. Die Gestalt hatte ungefähr die Form eines Menschen oder zumindest menschenähnlichen Wesens gehabt. Fieberhaft versuchte Keira, sich zusammenzureimen, wer oder was sich hier außer ihnen aufhielt.
Um Sianna und Coco etwas zu beruhigen, entspannte sie ihre Glieder etwas und stellte sich locker hin.
Dann fragte sie leise und mit gepresster Stimme: "Wer seid ihr?"
Und dann auf elfisch: "Quel san shi'dar? Seth quin'dorei!"[ Bist du einer meiner Rasse? Dann lass uns in Frieden ziehen, wir wollen dir nichts.]
Es hörte sich ein wie leises und elegantes Zischen.

Sianna sah dass Keiras Gesicht nun nicht mehr fröhlich aussah. Ihre Mundwinkel gingen leicht nach unten, ihr Blick war angespannt.
"Ist alles in Ordnung?", fragte sie verwirrt.
Sie folgte mit ihren Augen Keiras Blick, doch alles was sie sah war der Wald. Doch es war dunkler geworden. Es war nicht mehr der fröhliche Wald, es war ein unheimlicher Wald in welchen man nicht alleine gehen wollte. Es war zwar nicht Abend, sondern immer noch mitten am Tag, jedoch sah es so aus als wäre alle Fröhlichkeit, und jegliches Licht verschwunden. Sianna bekam es mit der Angst zu tun, nahm Coco auf den Arm und drückte sie fest an sich um sie zu beschützen. Sie überlegte ob sie für den Notfall eine Waffe dabei hatte, doch sie war ohne etwas mitzunehmen in den Wald gegangen.

"Coco ist ein schöner Name, du hast Recht-"
Keira verstummte. Sie spürte die Unruhe des Tieres - und fühlte selbst, dass etwas nicht stimmte; Eine Gabe der Elfen. Sie sah das Kaninchen an, und es blickte zurück. Die Sprache der Tiere beherrschte sie zwar kaum, aber sie konnte sich dennoch schwach mit ihnen verständigen, und das Kaninchen fühlte wohl auch, dass sie es verstehen würde.
"Nimm Coco lieber wieder auf den Arm...", sagte sie leise. Von der ausgelassenen Fröhlichkeit von eben war nichts mehr übrig, Keira war angespannt und all ihre Sinne waren auf Empfang gestellt.
Sie blickte sich um, die Augenbrauen zusammengezogen. Gleichzeitig versuchte sie, Sianna nicht in Panik zu versetzen.

"Wenn es frei sein will soll es gehen, doch wenn es hier bleiben will dann wird es bleiben!", Sianna lächelte das Kaninchen an.
Dann nahm es es und setzte es auf den Boden, zunächst blieb es ruhig stehen. Wie sie es so betrachtete überlegte sie sich einen Namen für das wuschelige Tier.
"Was hältst du von dem Namen Coco?", fragte sie Keira.
Das Kaninchen aß sich an dem Gras satt, doch plötzlich hob es den Kopf und horchte auf.

Keira lächelte. "Ich würde dich und das kleine Fellbündel gerne mal besuchen. Natürlich musst du mir davor erstmal zeigen, wo du wohnst!" Sie grinste Sianna an. "Bis jetzt weißt ja nur du wo mein kleines Häuschen steht."
Dieser Tag war irgendwie schön. Und wie sie so auf dieser Lichtung waren und plauderten, in den Sonnenstrahlen, die hier durch die lichteren Baumkronen drangen, war irgendwie richtig nett.
Keira setzte sich neben Sianna auf den Baumstumpf und knuffte sie freundschaftlich mit dem Ellbogen in die Seite. Das Kaninchen wurde langsam unruhig in ihren Armen.
"Meinst du, es bleibt hier, wenn wir es auf den Boden setzen?"

Sianna schaute Keira schockiert an.
"Nein, es soll nicht gegessen werden! Ich werde es mitnehmen. Es hat ja schließlich keine Familie, und es ist ganz allein!"
Sie zwinkerte dem kleinen Fellbündel zu und beobachtete wie Keira mit dem Kaninchen kuschelte.
"Es scheint dich zu mögen. Du kannst ja mal bei mir Zuhause vorbeikommen, damit du es siehst. Aber nur wenn du magst.", meinte sie.
Sianna war glücklich endlich jemanden - oder etwas - in ihrem Leben zu haben, dass ihr selbstvertrauen gab. Sie hatte sich schon überlegt wieder etwas anderes zu tun, doch es gefiel ihr in der Stadt so gut dass sie geblieben war. Doch sie hatte ja keine Freunde gehabt, vielleicht würde Keira ja mal eine gute Freundin sein...

Begeistert streckte Keira die Hände aus und nahm das kleine Kaninchen vorsichtig. Sie drückte es an ihre Brust und knuddelte es, dabei kicherte sie fröhlich. Dann hielt sie es vor ihr Gesicht und rieb ihre Nase an seiner Stubsschnauze. Das Kaninchen brummte leise und zufrieden. "Du bist sooo niedlich!" sagte sie grinsend. Keira spielte mit seinen Pfötchen und meinte nebenbei zu Sianna: "Wirst du es mit nach hause nehmen? Es könnte ja dein Haustier sein! Auch wenn die meisten das eher als leckere Mahlzeit betrachten würden... Wenn du es nicht mitnimmst, wird es vielleicht gegessen!"
Sie zog einen Schmollmund und sah Sianna mit gespielt ängstlichem Blick an. Sie drehte das weiße Fellknäuel zu ihr und fügte hinzu, mit übertrieben dramatischem Ton: "Willst du etwa, dass es STIRBT?"

"Ich habe es im Wald gefunden. Anscheinend hat es keine Familie. Da habe ich es mitgenommen. Ist es nicht süß?"
Sianna drückte das kleine flauschige Tierchen an ihr Gesicht und küsste es auf seine winzige Stirn. Das Kaninchen quiekte freudig.
*Falls Kaninchen lachen können, hört es sich bestimmt so an*
Sianna war schon auf den ersten blick in das kleine Kuschelmonster verliebt gewesen. Die Art wie es einen anschauen konnte ließ einem ganz warm ums Herz werden.
Sie nahm das Tier in ihre Hände und streckte es Keira hin, damit sie es auch einmal kuscheln konnte.